Warum jedes XFPÖ meiner Meinung nach ein Rückschritt ist!

Die Steiermark und das Burgenland haben gewählt. In der Steiermark konnte die FPÖ tatsächlich einen historischen Wahlsieg einfahren. Dort wo ich herkomme (aus dem Bezirk Voitsberg), kann man gar von einer blauen Hochburg sprechen – die FPÖ steht bei rund 30%. Der hohe Anteil regt zum Nachdenken an und ist fast zum Heulen. Warum?

HC Strache in den Räumlichkeiten des FP Parlamentsklubs am Tag der Nationalratswahl 2013. Wien.

HC Strache in den Räumlichkeiten des FP Parlamentsklubs am Tag der Nationalratswahl 2013. Wien.

30% für den Nationalismus und gegen die Gutmenschen
Nicht, weil 30 % nicht meine Weltanschauung teilen, sondern weil 30% eine Weltanschauung haben, die auf Hass und Hetze gründet. Weil 30% mit einer globalisierten Welt nicht zurecht kommen, was sich in Abstiegsangst und Wahlerfolgen einer fragwürdigen Partei manifestiert. Weil 30% laut Nationalismus schreien, ohne darüber nachzudenken, was das in letzter Konsequenz eigentlich bedeuten könnte. Weil 30% „Raus aus der EU“ grölen. Weil 30% nicht müde werden zu betonen, ihre Großeltern hätten das Land wiederaufgebaut, dabei jedoch konsequent vergessen, dass es (großteils) dieselbe Generation war, die in einem furchtbaren Anfall von Chauvinismus und Patriotismus ganz Europa in Schutt und verdammte Asche gelegt haben. Weil für 30% das Wort „Gutmensch“ offensichtlich ein Schimpfwort ist. Weil es immer wieder traurige „Einzelfälle“ eben dieser 30% sind, die in der vermeintlichen Anonymität des Internets eine hässliche Fratze zeigen und „Wird man wohl noch sagen dürfen“-Sprüche rausklopfen, durch die man ihnen jede Menschlichkeit absprechen könnte. Weil 30% leider eine latent xenophobe Tendenz in diesem Land bestätigen. Weil es den 30% wahrscheinlich nicht bewusst ist, dass alle genannten Faktoren zwingend zusammenhängen. Weil aber letztlich 30% einer Partei nachlaufen, die nichts anderes macht, als sich all dieser Ängste und möglicherweise vorhandenen Grundtendenzen zu bedienen, um einfach ihre Macht um der Macht willen zu zementieren. Ein progressives Konzept sucht man nämlich vergebens. Darum geht es doch in der politischen Steuerung, oder? Um gesellschaftlichen Fortschritt.

Eine These zu rechtspopulistischen Parteien
Ein Strache, eine LePen oder ein Wilders als Kanzler, Premier oder Präsidentin, ja, das wäre nicht nur problematisch, sondern verflucht nochmal rückschrittlich. Machen wir nicht den Fehler und beantworten die Fragen des 21. Jahrhunderts mit den Antworten aus dem 20. Eine wesentlich kleiner gewordene Welt kann keine der exklusiven Container-Nationalstaatlichkeit mehr sein. Wir befinden uns in einem quasi-anomischen Zustand, wo für neue Herausforderungen noch passende Regelungsstrukturen gefunden werden müssen. Machen wir doch bitte nicht den Fehler, und reagieren mit abgelaufenen Normen und Regeln auf eine neue Realität. Manche mögen zwar populär erscheinen, aber einem gesamtgesellschaftlichen Fortschritt dienen sie höchstwahrscheinlich nicht. Eine FPÖ, eine Front National oder eine Vlaams Belang rührt ausschließlich im Topf der alten Regeln und strebt insofern nur aus einem Grund die Machtposition an: Um ihr eigenes System zu erhalten und – wie sich in Österreich ja bereits gezeigt hat – um sich selbst zu bereichern. Deswegen ist jede blaue Stimme ein Rückschritt in eine Zeit, die weder wiederkehren wird, noch wiederkehren soll. Jedes XFPÖ ist auch eine Stimme gegen jeden vernünftigen Lösungsansatz, sich der Zukunft progressiv-gestalterisch anzunehmen. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass wir als Gemeinschaft in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft laufen wollen.

Im Übrigen gilt diese These zum Machterhalt für das bestehende Parteiensystem allgemein, nur bei keiner Partei ist dieses Machtstreben als Selbstwert so evident wie bei den „Mimimimi-ich fühl mich so fremd im eigenen Land“-Rechten.

Pro unpopuläre Politik
Bestes Beispiel politischer Maßnahmen, die man nicht gerade als populären Wählerstimmenfang, aber sehr wohl als Progression sehen kann: Das Beharren von Maria Vassilakou auf den Umbau der Wiener Mariahilfer Straße zu einer Fußgänger- respektive Begegnungszone gegen den Widerstand eines nicht unbedeutenden Teil des Volkes. Die Abstimmung war haarscharf. Chaotische Zustände für das Wiener Verkehrssystem wurden beschworen, die Mahü zur überhaupt wichtigsten Radialverbindung zwischen Außenbezirken und Innenstadt erhoben. Der Wiener hat geschnaubt: Jetzt kann er nicht mehr mit seinem Fahrzeug – man wird doch wohl noch fahren dürfen – durch die Mahü gondeln. Durch jene Mahü mit gefühlten 78 Ampeln und 65 Zebrastreifen, die jeder Geistesgegenwärtige am Weg zwischen Gürtel und Ring sowieso gegen Gumpendorfer oder Burgg. getauscht hat.  Geschäftesterben wurde herbeigeredet – na wie soll man denn die jetzt versorgen? – und die Degeneration der Mahü zu einer kleinstädtischen Innenstadt befürchtet. Heute? Naja, die Mahü ist sehenswert. Hier wurde progressiv-stadtplanerisch gearbeitet und eine urbane Zone geschaffen, die den Anforderungen der Stadt im Jahr 2015 entspricht und als stadtplanerisches Paradebeispiel gilt. Plötzlich ist die unpopuläre Umgestaltung ur-leiwand. Den Grünen war der Widerstand wurscht. Der typische Ur-Wiener wird die Vassilakuh (sic) zwar nach wie vor nicht mögen – die soll ja auch zurück nach Griechenland, wo sie herkommt – aber die Melange genießt er sicher in einem der vielen Straßencafés, die heute statt der Parkplätze dort zu finden sind. Obwohl, naja, der Ur-Wiener wird wahrscheinlich zum Einkaufen in die SCS fahren. Weil dort ist’s ursuper, im Shoppingtempel. Genug andere freut’s trotzdem.

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